Wie kommt es eigentlich, dass in einer Erkrankung viele Jahre gar nichts passiert und dann auf einmal eine Vielzahl von neuen Substanzen erprobt und in klinischen Studien untersucht werden? PBC ist hier ein gutes Beispiel, nach der Einführung von UDCA im Jahr 1989 hat es über 25 Jahre gedauert bis mit OCA 2017 eine zweite Therapieoption zur Verfügung stand.
Grundlagenforschung zu pathophysiologischen Phänomenen und biologischen Prozessen ist die Grundlage zur Entdeckung und Entwicklung entsprechend wirksamer Substanzen. Hierbei können auch neu entwickelte wissenschaftliche Methoden als eine Art Türöffner in eine neues Verständnis der Erkrankung, ihres Verlaufs und Angriffsmöglichkeiten eine entscheidende Rolle spielen. Solche grundlegenden Erkenntnisse können wiederum eine Welle von neuen Molekülen generieren, die weiter optimiert werden und schlussendlich in die klinische Entwicklung kommen.
Ein Beispiel in diesem Kontext ist das wachsende Verständnis der Signalwege von Gallensäuren im Körper. Gallensäuren sind körpereigene Substanzen, die von der Leber gebildet werden und im Darm für die Verdauung und Resorption von Fetten verantwortlich sind.
Grundlagenforschung ergab in den letzten Jahren, dass sie darüber hinaus als spezielle Hormone Informationen zwischen Darm, Leber und vielen Organen des Körpers vermitteln. Sie binden an verschiedene Rezeptoren, über die Signalwege ausgelöst werden. Diese wirken auf bestimmte Gene und nehmen so Einfluss auf Entzündungs- und immunologische Abwehrprozesse, sowie auf den Energiehaushalt des Körpers.
Die wichtigsten Signalwege, über die Gallensäuren auf die verschiedenen Körperfunktionen wirken, sind mittlerweile bekannt und man hofft, sie mit Blick auf einen eventuellen therapeutischen Nutzen günstig beeinflussen zu können. Insbesondere ein Rezeptor (der Farnesoyl-X-Rezeptor FXR) ist Gegenstand solcher Untersuchungen geworden. Ursodesoxycholsäure (UDCA) und inzwischen auch Obeticholsäure (OCA), die FXR aktivieren, sind als Medikamente für PBC zugelassen.
Auch bei der Entstehung von cholestatischem Juckreiz spielen Gallensäuren eine Rolle. Diese Rolle genau zu verstehen und für mögliche therapeutische Anwendung nutzbar zu machen, ist Gegenstand aktueller Forschung.

